1960 13. Spieltag: SC Motor Jena - BSG Motor Zwickau 0:1

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Spieldaten
Wettbewerb DDR-Oberliga, 13. Spieltag
Saison Saison 1960, Hinrunde
Ansetzung SC Motor Jena - BSG Motor Zwickau
Ort Ernst-Abbe-Sportfeld in Jena
Zeit Sa. 02.07.1960 18:00 Uhr
Zuschauer 10.000
Schiedsrichter Rolf Kunert (Dresden)
Ergebnis 0:1 (0:0)
Tore
  • 0:1 R. Franz (49.)
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Jena (rot-weiß)
Wolfgang Brünner
Hans-Joachim Otto, Heinz Marx, Hilmar Ahnert, Hans Graupe, Siegfried Woitzat, Helmut Müller, Peter Ducke, Horst Kirsch (70. Roland Ducke), Klaus Gablick, Walter Eglmeyer

Trainer: Georg Buschner

Zwickau (schwarz-weinrot)
Rolf Baumann
Werner Wilde, Alois Glaubitz, Joachim Seiler, Helmut Gruner, Georg Dimanski, Eberhard Franz, Harald Tauscher (78. Harald Schaub), Günter Witzger, Horst Jura, Rainer Franz

Trainer: Karl Dittes

Spielbericht

Läufer Gruner die überragende Persönlichkeit

Als Jena mit 10 Mann spielte, fiel die Entscheidung

Zwickaus nicht zu übersehende Anhänger, in stattlicher Zahl mit selbstgefertigten rotweißen Papiermützen mit der Aufschrift "Motor Zwickau" ins Ernst-Abbe-Stadion geeilt, hatten guten Grund, ihre Clubfahne jubelnd zu schwenken. Ein hauchdünner, glücklicher, aber auf Grund der größeren mannschaftlichen Geschlossenheit und Routine verdienter Erfolg. Dazu die rasche Kunde vom 1:2 des Widersachers ASK Vorwärts. Die in diesem Jahr erstarkten Westsachsen erkämpften sich, aber sagen wir besser erspielten sich, also den "Halbzeitmeistertitel".

Daß die schnellen, spielintelligenten Jenaer ihnen keine leichte Aufgabe stellen würden, war nach dem 3:0 der Thüringer über den ASK Vorwärts gewiß. Und wie die Jenaer konsequent ihre Marschroute verfolgten, wie konzentriert sie die Manndeckung anwandten, das verdient vollste Anerkennung.

Die Zwickauer hatten so bis zur Pause nicht eine echte Torchance. Sosehr sie sich auch mühten. Tauscher und Jura waren in der gegnerischen Hälfte "in Fesseln" gelegt. Aber noch viel entscheidender: R. Franz sah gegen Otto "keinen Stich" bis zur Pause.

Ja, aber was das Fußballherz erfreute, das war nicht allein die taktische Disziplin der Jenaer, sondern die Beweglichkeit, das Angriffsherz der Zwickauer Stürmer, die an ihren Fesseln ohne Verzagen rüttelten. Auf der anderen Seite gefiel Jenas Vorderreihe durch ihren Spielwitz, ihr hohes Tempo. Mit weiten Steilangriffen zog sie ihr Spiel gegen die gleichfalls sichere Zwickauer Abwehr auf.

Doch das Fazit der ersten 45 Minuten: Beide Deckungsreihen beherrschten die Stürmer, mit Vorteilen allerdings für Jenas Angriff, dafür auf der Gegenseite ein erstklassiger Torhüter, Rolf Baumann. Dieser verhinderte mit seiner Besonnenheit, seinem großartigen Reaktionsvermögen einen Rückstand seiner Elf. Dreimal war der sich ordentlich in den Angriff einfügende Peter Ducke in günstiger Schußposition (15., 29., 44.), zweimal war er mustergültig von Kirsch bedient worden. Aber jedesmal erwies sich R. Baumann als unüberwindlich. Zuvor hatte dieser schon zweimal prächtig gegen Schüsse von Kirsch und H. Müller reagiert (7., 10.).

Beide Abwehrblöcke blieben auch in der Folge ohne Blöße - fast ohne Blöße! Wenige Augenblicke nach der Pause schied Otto, bis dahin R. Franz in Schach haltend, für 180 Sekunden verletzt aus. Und da schlug Zwickau entschlossen zu! Gruner, der einsatzstarke Läufer, erhöhte sofort das Tempo, sorgte dafür, daß der Ball in den eigenen Reihen direkt von Mann zu Mann wanderte, und stürmte selbst mit vor. Hier nahm er dann auch in halbrechter Position einen zurückspringenden Ball direkt auf, traf aber nur die Latte. Blitzschnell war R. Franz, nun alleingelassen, zur Stelle, der den abprallenden Ball kaltblütig einköpfte.

Der entscheidende Treffer mag glücklich gefallen sein, als Jena nur 10 Mann auf dem Feld hatte. Aber wie Zwickau in dieser Phase, die Chance erkennend, die Zügel anzog, das zeichnet eine Klasseelf aus! Die Initiative ging in erster Linie von Gruner aus, der damit sein großartiges Spiel am Sonnabend krönte. Was dieser kleine Läufer mit den haargenauen Pässen leistete, wie er nicht müde wurde, seinen Angriff anzukurbeln, obwohl er seine Stürmer sich immer wieder im Jenaer Abwehrnetz verstricken sah, das stempelte ihn zum besten Mann auf dem Platz. Ihm zur Seite stand der sehr mannschaftsdienlich wirkende Dimanski. Kein Wunder deshalb auch, daß Zwickau schon in der ersten Halbzeit mehr am Ball war (wenngleich die größeren Chancen Jena besaß!). Die Läufer schufen das entscheidende Übergewicht für die Gäste. Und wenn dann R. Franz, wie er es nach dem Treffer noch zweimal tat, seinem Bewacher entwich, da sah man die Gefährlichkeit des Nachwuchsspielers. Läuferreihe, Torwart und Linksaußen Franz waren die Gewinnpunkte für die Gäste.

Das Spiel gefiel insgesamt, es atmete Rasanz, Tempo und Witz, es stand im Zeichen der Abwehrblöcke, aber beide Stürmerreihen bewiesen, daß sie auch gegen konsequente Abwehrformationen zu spielen verstehen, wenn ihnen die Ideen und die Freude am Spiel eigen sind. Deshalb beiden Mannschaften unsere Anerkennung.

(Rolf Dietrich in „Die Neue Fußballwoche“ vom 5. Juli 1960)