2000/2001 17. Spieltag: FC Carl Zeiss Jena - Karlsruher SC 0:1: Unterschied zwischen den Versionen

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Samstag sollte es also steigen: das Duell David gegen Goliath, der Underdog und Noname Jena gegen die gesetzten Aufsteiger aus dem badischen Karlsruhe.
Samstag sollte es also steigen: das Duell David gegen Goliath, der Underdog und Noname Jena gegen die gesetzten Aufsteiger aus dem badischen Karlsruhe.
Die Lokalmatadore hatten durch die in den Jahren gewachsene Freundschaft zum DFB die einmalige Möglichkeit, das in Jena verantwortlich zeichnende Schiedsrichtergespann einen Tag lang zu begleiten.....<br>
Die Lokalmatadore hatten durch die in den Jahren gewachsene Freundschaft zum DFB die einmalige Möglichkeit, das in Jena verantwortlich zeichnende Schiedsrichtergespann einen Tag lang zu begleiten.....<br>
...6:00 Uhr morgens, der nagelneue Funk-Wecker mit KSC-Emblem reißt Herrn X, seines Zeichens Unparteiischer in Diensten des DFB, aus den Träumen. Noch etwas wacklig von der durchzechten Nacht und den gesponserten Mädels schielt er auf den Spielplan: nach Jena!!! Oh Gott. Wo liegt denn das? In der Zone!!! Nicht genug, daß er am Wochenende arbeiten muß, jetzt muß er für das gleiche Geld (!) auch noch in den erschwerniszulagenberechtigten Osten. Was soll's. Alles Lamentieren hilft nix, also krallt sich Herr X die soeben gewonnene Schiedsrichter-Lizenz , setzt sich in seinen neuen Wagen und düst in den wilden Osten. Herr X ist begeistert! Zum ersten Mal in seinem Leben wagt er sich weiter östlich als das Kirchheimer Dreieck und ist erstaunt, daß es dort kaum anders aussieht als in seinem beschaulichen Städtchen irgendwo in der Nähe von Karlsruhe..... Irgendwie hatte er sich das alles ganz anders vorgestellt. Nicht nur, daß dort bei weitem nicht alles grau ist, nein, die Leute dort sprechen sogar die gleiche Sprache. Herr X blinzelt in die Sonne und denkt sich: Ist es nicht schön in Deutschland? Verdunkeln tut sich seine Miene, als er die Demarkationslinie überfährt, und sich durch Russen beobachtet fühlend an eine Tankstelle schleicht.... Noch steigt er nicht aus. Zuviel hat er gehört und gelesen über die Prolls mit Bomberjacke, Baseballschläger und Hitlerschnurrbart, welche auf alles, was ihnen fremd erscheint, einschlagen. Und fremd fühlt er sich schließlich auch, in dieser vergessenen Welt jenseits des in seinem Kopf noch stehenden Stacheldrahtzaunes. War da nicht ein Geräusch, was an das Brechen eines Knochens, wie seinerzeit bei Heiko Cramer gegen Fortuna Köln, erinnerte? Schrie da nicht eine Frau? War da nicht der Geruch von Rauch, vielleicht durch ein brennendes Asylbewerberheim, in der Luft? Nicht daß Herr X Vorurteile hatte. Er hatte sich nur gezielt informiert, was ihn in der Zone zu erwarten habe...
...6:00 Uhr morgens, der nagelneue Funk-Wecker mit KSC-Emblem reißt Herrn X, seines Zeichens Unparteiischer in Diensten des DFB, aus den Träumen. Noch etwas wacklig von der durchzechten Nacht und den gesponserten Mädels schielt er auf den Spielplan: nach Jena!!! Oh Gott. Wo liegt denn das? In der Zone!!! Nicht genug, dass er am Wochenende arbeiten muss, jetzt muss er für das gleiche Geld (!) auch noch in den erschwerniszulagenberechtigten Osten. Was soll's. Alles Lamentieren hilft nix, also krallt sich Herr X die soeben gewonnene Schiedsrichter-Lizenz, setzt sich in seinen neuen Wagen und düst in den wilden Osten. Herr X ist begeistert! Zum ersten Mal in seinem Leben wagt er sich weiter östlich als das Kirchheimer Dreieck und ist erstaunt, dass es dort kaum anders aussieht als in seinem beschaulichen Städtchen irgendwo in der Nähe von Karlsruhe..... Irgendwie hatte er sich das alles ganz anders vorgestellt. Nicht nur, dass dort bei weitem nicht alles grau ist, nein, die Leute dort sprechen sogar die gleiche Sprache. Herr X blinzelt in die Sonne und denkt sich: Ist es nicht schön in Deutschland? Verdunkeln tut sich seine Miene, als er die Demarkationslinie überfährt, und sich durch Russen beobachtet fühlend an eine Tankstelle schleicht.... Noch steigt er nicht aus. Zuviel hat er gehört und gelesen über die Prolls mit Bomberjacke, Baseballschläger und Hitlerschnurrbart, welche auf alles, was ihnen fremd erscheint, einschlagen. Und fremd fühlt er sich schließlich auch, in dieser vergessenen Welt jenseits des in seinem Kopf noch stehenden Stacheldrahtzaunes. War da nicht ein Geräusch, was an das Brechen eines Knochens, wie seinerzeit bei Heiko Cramer gegen Fortuna Köln, erinnerte? Schrie da nicht eine Frau? War da nicht der Geruch von Rauch, vielleicht durch ein brennendes Asylbewerberheim, in der Luft? Nicht dass Herr X Vorurteile hatte. Er hatte sich nur gezielt informiert, was ihn in der Zone zu erwarten habe...
Voll getankt und mit zentralverriegelten Türen fährt er sich nun wieder einigermaßen sicher fühlend an Eisenach und der Wartburg vorbei, welche ihren Namen von den knatternden Zweitaktern bekommen haben muß. Ja, in Geschichte, und insbesondere der deutschen, da kennt er sich aus, unser Herr X.<br>
Voll getankt und mit zentralverriegelten Türen fährt er sich nun wieder einigermaßen sicher fühlend an Eisenach und der Wartburg vorbei, welche ihren Namen von den knatternden Zweitaktern bekommen haben muss. Ja, in Geschichte, und insbesondere der deutschen, da kennt er sich aus, unser Herr X.<br>
Nachdem er nach Erfurt nahezu durchgehend auf die von westdeutschen Steuergeldern erneuerte dreispurige Autobahn gen Jena raste, wurde er bald der Ausfahrt Jena-Lobeda und riesiger Wohnsilos gewahr, vor denen er schon gewarnt wurde. Eine Plattenbausiedlung!! Noch größer und häßlicher als in den ausufernden Geschichten einiger schon hier Gewesener beschrieben. Hier also ist die Brutstätte rechtsradikaler Gedanken. Hier also leben alle Jenaer. Jena, eine Trabantenstadt ohne Geschichte und Liebreiz, ein Hort rechtsradikalen Gedankentums..... Herr X blinzelt durch seine Brille von Zeiss und schaut, ob er auch die digitale Kamera von Jenoptik dabei hat. Und tatsächlich, sie liegt zusammen mit einem Reclam-Büchlein mit Geschichten von Schiller und Goethe auf der Rücksitzbank. Jena!? Nie gehört......<br>
Nachdem er nach Erfurt nahezu durchgehend auf die von westdeutschen Steuergeldern erneuerte dreispurige Autobahn gen Jena raste, wurde er bald der Ausfahrt Jena-Lobeda und riesiger Wohnsilos gewahr, vor denen er schon gewarnt wurde. Eine Plattenbausiedlung!! Noch größer und hässlicher als in den ausufernden Geschichten einiger schon hier Gewesener beschrieben. Hier also ist die Brutstätte rechtsradikaler Gedanken. Hier also leben alle Jenaer. Jena, eine Trabantenstadt ohne Geschichte und Liebreiz, ein Hort rechtsradikalen Gedankentums..... Herr X blinzelt durch seine Brille von Zeiss und schaut, ob er auch die digitale Kamera von Jenoptik dabei hat. Und tatsächlich, sie liegt zusammen mit einem Reclam-Büchlein mit Geschichten von Schiller und Goethe auf der Rücksitzbank. Jena!? Nie gehört......<br>
Nachdem er nun das EAS erreicht und seine Fahnenträger begrüßt hatte, traute man sich unter Polizeischutz auf den Rasen des Stadions. Eine großzügige Anlage war da nach der Wende entstanden. "Was sich die Ossis nur aufregen. Dafür zahlen wir also den Soli!!!" sagte Herr X zu seinen Assis, ohne zu wissen, daß die Sonderabgabe selbst von den schlechterverdienenden Ostdeutschen bezahlt wird. Aha, Jena und das Ernst-Abbe-Stadion, da war doch was. Er erinnert sich dabei nicht an riesige Spiele der 60er und 80er Jahre. Aber er erinnert sich an die Worte des einstigen Fortuna Köln Trainers Linßen, der das EAS als den gewalttätigsten Ort beschrieb, den er je in Deutschland betreten hat. Soviel Haß sei ihm noch nirgends entgegengeschlagen (WIE RECHT DU HAST!!!!!!!). Dies wollte Herr X auf jeden Fall vermeiden. Ostdeutscher Pöbel werde hier keine Plattform erhalten.<br>
Nachdem er nun das EAS erreicht und seine Fahnenträger begrüßt hatte, traute man sich unter Polizeischutz auf den Rasen des Stadions. Eine großzügige Anlage war da nach der Wende entstanden. "Was sich die Ossis nur aufregen. Dafür zahlen wir also den Soli!!!" sagte Herr X zu seinen Assis, ohne zu wissen, dass die Sonderabgabe selbst von den schlechterverdienenden Ostdeutschen bezahlt wird. Aha, Jena und das Ernst-Abbe-Stadion, da war doch was. Er erinnert sich dabei nicht an riesige Spiele der 60er und 80er Jahre. Aber er erinnert sich an die Worte des einstigen Fortuna Köln Trainers Linßen, der das EAS als den gewalttätigsten Ort beschrieb, den er je in Deutschland betreten hat. Soviel Hass sei ihm noch nirgends entgegengeschlagen (WIE RECHT DU HAST!!!!!!!). Dies wollte Herr X auf jeden Fall vermeiden. Ostdeutscher Pöbel werde hier keine Plattform erhalten.<br>
3600 Zuschauer wollten das Spiel ihres FCs sehen und etwa 150 mitgereiste KSC-Fans, die einen Super-Support hinlegten. Als das Schiri-Gespann unter Leitung unseres Herrn X die Mannschaften in die haßerfüllte Arena führte, fühlte Herr X automatisch Mitleid mit diesem KSC, den es auch wirklich hart getroffen hat. Vom Europapokal bis in die Niederungen des Regionalligafußballs, bis in die tiefste Zone..... Daß der FC Carl Zeiss Jena schon ganz andere Zeiten erlebt hat, weiß Herr X nicht. Er hatte mal eine Tante in Chemnitz, aber besucht hat er sie nie. Sie konnte nicht genug bekommen.....<br>
3600 Zuschauer wollten das Spiel ihres FCs sehen und etwa 150 mitgereiste KSC-Fans, die einen Super-Support hinlegten. Als das Schiri-Gespann unter Leitung unseres Herrn X die Mannschaften in die hasserfüllte Arena führte, fühlte Herr X automatisch Mitleid mit diesem KSC, den es auch wirklich hart getroffen hat. Vom Europapokal bis in die Niederungen des Regionalligafußballs, bis in die tiefste Zone..... Dass der FC Carl Zeiss Jena schon ganz andere Zeiten erlebt hat, weiß Herr X nicht. Er hatte mal eine Tante in Chemnitz, aber besucht hat er sie nie. Sie konnte nicht genug bekommen.....<br>
Jena spielt mit dem Mut der Verzweiflung, mit dem Leid, der Leidenschaft, der Wut der Jena-Fans im Rücken, die schon seit 10 Jahren nicht mehr ins Stadion gehen wollen, aber jede Woche auf's neue hoffen.... Sie lieben ihren Verein, sie identifizieren sich mit ihm, viele haben nur ihn. Herr X versteht dies alles nicht. Herr X hört trotzige Ostdeutschland-Sprechchöre und überhört den Frust, die Liebe und die Leidenschaft in diesem Ausruf der Verzweiflung. Er hört Provokation, die es zu unterbinden gilt. Wie kann man einen solchen Stasi-Verein lieben? Unverständnis. Der Osten hat doch im Fußball nix erreicht. Herr X muß so denken. Er kann nichts dafür. Nichts weiß er von Olympia-Sieg, Magdeburg, Lok Leipzig, Dynamo Dresden und Jena. Zufall, alles Zufall. Daß heute die halbe Nationalmannschaft mit ostdeutschen Spielern bestückt ist, entgeht Herrn X....<br>
Jena spielt mit dem Mut der Verzweiflung, mit dem Leid, der Leidenschaft, der Wut der Jena-Fans im Rücken, die schon seit 10 Jahren nicht mehr ins Stadion gehen wollen, aber jede Woche auf's neue hoffen.... Sie lieben ihren Verein, sie identifizieren sich mit ihm, viele haben nur ihn. Herr X versteht dies alles nicht. Herr X hört trotzige Ostdeutschland-Sprechchöre und überhört den Frust, die Liebe und die Leidenschaft in diesem Ausruf der Verzweiflung. Er hört Provokation, die es zu unterbinden gilt. Wie kann man einen solchen Stasi-Verein lieben? Unverständnis. Der Osten hat doch im Fußball nix erreicht. Herr X muss so denken. Er kann nichts dafür. Nichts weiß er von Olympia-Sieg, Magdeburg, Lok Leipzig, Dynamo Dresden und Jena. Zufall, alles Zufall. Dass heute die halbe Nationalmannschaft mit ostdeutschen Spielern bestückt ist, entgeht Herrn X....<br>
Anders der KSC. Ihn braucht der süddeutsche Fußballverband, dem übrigens auch Herr X angehört, als Aushängeschild, als Zugpferd, als Gelddruckmaschine. Wer interessiert sich für Jena...? Ich, Autor dieser Zeilen, der heulend nach der letzten Oberliga-Saison die 2. Bundesliga als Abstieg empfand, und viele andere!!!<br>
Anders der KSC. Ihn braucht der süddeutsche Fußballverband, dem übrigens auch Herr X angehört, als Aushängeschild, als Zugpferd, als Gelddruckmaschine. Wer interessiert sich für Jena...? Ich, Autor dieser Zeilen, der heulend nach der letzten Oberliga-Saison die 2. Bundesliga als Abstieg empfand, und viele andere!!!<br>
Herr X hängt seinen Gedanken nach und übersieht ein nicht zu übersehendes Foul eines KSC-Spielers im eigenen Strafraum an einem Jenaer Spieler. Der Pfiff bleibt aus, schließlich ist die Unsportlichkeit und Fallsucht der ostdeutschen Mannschaften bekannt. Der ostdeutsche Pöbel schreit vor Wut und Hilflosigkeit seinen Frust ins EAS. Verspritzter Glühwein, Feuerzeuge und Tribünensitze sind Opfer des ohnmächtigen Protestes. Warum wir? Man weiß nicht was man machen soll, man möchte weinen und schreien gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit seit 10 Jahren. "Das gleicht sich aus während der Saison" - nix gleicht sich aus!! 100 Mark ins Phrasenschwein und eine in die Fresse für diese Floskel.....<br>
Herr X hängt seinen Gedanken nach und übersieht ein nicht zu übersehendes Foul eines KSC-Spielers im eigenen Strafraum an einem Jenaer Spieler. Der Pfiff bleibt aus, schließlich ist die Unsportlichkeit und Fallsucht der ostdeutschen Mannschaften bekannt. Der ostdeutsche Pöbel schreit vor Wut und Hilflosigkeit seinen Frust ins EAS. Verspritzter Glühwein, Feuerzeuge und Tribünensitze sind Opfer des ohnmächtigen Protestes. Warum wir? Man weiß nicht was man machen soll, man möchte weinen und schreien gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit seit 10 Jahren. "Das gleicht sich aus während der Saison" - nix gleicht sich aus!! 100 Mark ins Phrasenschwein und eine in die Fresse für diese Floskel.....<br>
Der KSC spielt ruhig abgeklärt, Jena planlos. Aber diese Leidenschaft! "Woher nehmen sie die eigentlich? Sind doch alles nur Jugos? Naja, mehr können die sich eh nicht leisten! Die jungen Talente spielen im Westen!" grient Herr X in sich hinein, während er die zehnte Gelbe Karte für einen Jenaer aus seiner Tasche zieht, hingegen er es an diesem Spieltag bei ähnlichen Vergehen von KSC-Spielern bei einer freundschaftlichen Ermahnung beläßt. Unter Regenschirmen und vom MSD begleitet geht es zur Halbzeit in die Kabinen.<br>
Der KSC spielt ruhig abgeklärt, Jena planlos. Aber diese Leidenschaft! "Woher nehmen sie die eigentlich? Sind doch alles nur Jugos? Naja, mehr können die sich eh nicht leisten! Die jungen Talente spielen im Westen!" grient Herr X in sich hinein, während er die zehnte Gelbe Karte für einen Jenaer aus seiner Tasche zieht, hingegen er es an diesem Spieltag bei ähnlichen Vergehen von KSC-Spielern bei einer freundschaftlichen Ermahnung belässt. Unter Regenschirmen und vom MSD begleitet geht es zur Halbzeit in die Kabinen.<br>
In der zweiten Hälfte das gleiche Bild. Jena kontert und erspielt die eine oder andere Möglichkeit, ohne das Tor zu machen. Man richtet sich auf ein für den KSC schmeichelhaftes 0:0 ein, als in der 85. Spielminute Herr X und dessen katastrophaler Fahnenträger auf der Haupttribünenseite ihr Herz für den KSC entdecken. Saraba klärt mit sauberem Tackling und wird dafür mit einer gelben Karte und einem Freistoß für den KSC bestraft, der den 1:0 Siegtreffer für den KSC einleitet.... "Absteiger! Absteiger"-Rufe aus der Fankurve des KSC tragen nicht wesentlich zur inneren Einheit Fußballdeutschlands bei. Wir regen uns auf, wir möchten losheulen. Nur einer im Block A ist ganz ruhig und sagt zum Autor dieser Zeilen. "Was Du Dich aufregst? So läuft es doch seit 10 Jahren. Und so wird es immer laufen...."
In der zweiten Hälfte das gleiche Bild. Jena kontert und erspielt die eine oder andere Möglichkeit, ohne das Tor zu machen. Man richtet sich auf ein für den KSC schmeichelhaftes 0:0 ein, als in der 85. Spielminute Herr X und dessen katastrophaler Fahnenträger auf der Haupttribünenseite ihr Herz für den KSC entdecken. Saraba klärt mit sauberem Tackling und wird dafür mit einer gelben Karte und einem Freistoß für den KSC bestraft, der den 1:0 Siegtreffer für den KSC einleitet.... "Absteiger! Absteiger"-Rufe aus der Fankurve des KSC tragen nicht wesentlich zur inneren Einheit Fußballdeutschlands bei. Wir regen uns auf, wir möchten losheulen. Nur einer im Block A ist ganz ruhig und sagt zum Autor dieser Zeilen. "Was Du Dich aufregst? So läuft es doch seit 10 Jahren. Und so wird es immer laufen...."
Die Lokalmatadore erwarteten zu Beginn dieser Partie nichts. Denn wer nichts erwartet, kann schließlich nicht enttäuscht werden. Wie sehr man sich irren kann.....
Die Lokalmatadore erwarteten zu Beginn dieser Partie nichts. Denn wer nichts erwartet, kann schließlich nicht enttäuscht werden. Wie sehr man sich irren kann.....

Version vom 1. Dezember 2008, 20:25 Uhr

Spieldaten
Wettbewerb Regionalliga, 17.Spieltag
Saison Saison 2000/2001, Hinrunde
Ansetzung FCC - Karlsruher SC
Ort Ernst Abbe Sportfeld
Zeit Sa. 18.11.00 14:00
Zuschauer 3.482
Schiedsrichter Raquet (Weilerbach)
Ergebnis 0:1
Tore
  • 0:1 Nagorny (84.)
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Jena
Roman Görtz
Krzysztof Kowalik
Zoran Saraba , Timo Uster
Christian Hauser , Michael Mason, Gediminas Sugzda (86. Sebastian Barich), Dirk Hempel , Stefan Treitl (86. Andreas Schwesinger)
Aleksandar Jovic (89. Tobias Kurbjuweit), Miroslav Jovic

Trainer Slavko Petrovic


Karlsruhe
Walter
Fengler, Waterink, Zepek
Boehnke, Grimm, Rus (89. Birk ), Seitz (70. Heinzen), Weis
Cetin (75. Nagorny), Fabus

Trainer: Stefan Kuntz

Spielbericht

Wer am Boden liegt...
Ein Bericht, der emotional und einseitig und sicher falsch ist.... Aber Fans sind eben auch nur Menschen. Und irgendwann hat die Leidensfähigkeit ein Ende... Samstag sollte es also steigen: das Duell David gegen Goliath, der Underdog und Noname Jena gegen die gesetzten Aufsteiger aus dem badischen Karlsruhe. Die Lokalmatadore hatten durch die in den Jahren gewachsene Freundschaft zum DFB die einmalige Möglichkeit, das in Jena verantwortlich zeichnende Schiedsrichtergespann einen Tag lang zu begleiten.....
...6:00 Uhr morgens, der nagelneue Funk-Wecker mit KSC-Emblem reißt Herrn X, seines Zeichens Unparteiischer in Diensten des DFB, aus den Träumen. Noch etwas wacklig von der durchzechten Nacht und den gesponserten Mädels schielt er auf den Spielplan: nach Jena!!! Oh Gott. Wo liegt denn das? In der Zone!!! Nicht genug, dass er am Wochenende arbeiten muss, jetzt muss er für das gleiche Geld (!) auch noch in den erschwerniszulagenberechtigten Osten. Was soll's. Alles Lamentieren hilft nix, also krallt sich Herr X die soeben gewonnene Schiedsrichter-Lizenz, setzt sich in seinen neuen Wagen und düst in den wilden Osten. Herr X ist begeistert! Zum ersten Mal in seinem Leben wagt er sich weiter östlich als das Kirchheimer Dreieck und ist erstaunt, dass es dort kaum anders aussieht als in seinem beschaulichen Städtchen irgendwo in der Nähe von Karlsruhe..... Irgendwie hatte er sich das alles ganz anders vorgestellt. Nicht nur, dass dort bei weitem nicht alles grau ist, nein, die Leute dort sprechen sogar die gleiche Sprache. Herr X blinzelt in die Sonne und denkt sich: Ist es nicht schön in Deutschland? Verdunkeln tut sich seine Miene, als er die Demarkationslinie überfährt, und sich durch Russen beobachtet fühlend an eine Tankstelle schleicht.... Noch steigt er nicht aus. Zuviel hat er gehört und gelesen über die Prolls mit Bomberjacke, Baseballschläger und Hitlerschnurrbart, welche auf alles, was ihnen fremd erscheint, einschlagen. Und fremd fühlt er sich schließlich auch, in dieser vergessenen Welt jenseits des in seinem Kopf noch stehenden Stacheldrahtzaunes. War da nicht ein Geräusch, was an das Brechen eines Knochens, wie seinerzeit bei Heiko Cramer gegen Fortuna Köln, erinnerte? Schrie da nicht eine Frau? War da nicht der Geruch von Rauch, vielleicht durch ein brennendes Asylbewerberheim, in der Luft? Nicht dass Herr X Vorurteile hatte. Er hatte sich nur gezielt informiert, was ihn in der Zone zu erwarten habe... Voll getankt und mit zentralverriegelten Türen fährt er sich nun wieder einigermaßen sicher fühlend an Eisenach und der Wartburg vorbei, welche ihren Namen von den knatternden Zweitaktern bekommen haben muss. Ja, in Geschichte, und insbesondere der deutschen, da kennt er sich aus, unser Herr X.
Nachdem er nach Erfurt nahezu durchgehend auf die von westdeutschen Steuergeldern erneuerte dreispurige Autobahn gen Jena raste, wurde er bald der Ausfahrt Jena-Lobeda und riesiger Wohnsilos gewahr, vor denen er schon gewarnt wurde. Eine Plattenbausiedlung!! Noch größer und hässlicher als in den ausufernden Geschichten einiger schon hier Gewesener beschrieben. Hier also ist die Brutstätte rechtsradikaler Gedanken. Hier also leben alle Jenaer. Jena, eine Trabantenstadt ohne Geschichte und Liebreiz, ein Hort rechtsradikalen Gedankentums..... Herr X blinzelt durch seine Brille von Zeiss und schaut, ob er auch die digitale Kamera von Jenoptik dabei hat. Und tatsächlich, sie liegt zusammen mit einem Reclam-Büchlein mit Geschichten von Schiller und Goethe auf der Rücksitzbank. Jena!? Nie gehört......
Nachdem er nun das EAS erreicht und seine Fahnenträger begrüßt hatte, traute man sich unter Polizeischutz auf den Rasen des Stadions. Eine großzügige Anlage war da nach der Wende entstanden. "Was sich die Ossis nur aufregen. Dafür zahlen wir also den Soli!!!" sagte Herr X zu seinen Assis, ohne zu wissen, dass die Sonderabgabe selbst von den schlechterverdienenden Ostdeutschen bezahlt wird. Aha, Jena und das Ernst-Abbe-Stadion, da war doch was. Er erinnert sich dabei nicht an riesige Spiele der 60er und 80er Jahre. Aber er erinnert sich an die Worte des einstigen Fortuna Köln Trainers Linßen, der das EAS als den gewalttätigsten Ort beschrieb, den er je in Deutschland betreten hat. Soviel Hass sei ihm noch nirgends entgegengeschlagen (WIE RECHT DU HAST!!!!!!!). Dies wollte Herr X auf jeden Fall vermeiden. Ostdeutscher Pöbel werde hier keine Plattform erhalten.
3600 Zuschauer wollten das Spiel ihres FCs sehen und etwa 150 mitgereiste KSC-Fans, die einen Super-Support hinlegten. Als das Schiri-Gespann unter Leitung unseres Herrn X die Mannschaften in die hasserfüllte Arena führte, fühlte Herr X automatisch Mitleid mit diesem KSC, den es auch wirklich hart getroffen hat. Vom Europapokal bis in die Niederungen des Regionalligafußballs, bis in die tiefste Zone..... Dass der FC Carl Zeiss Jena schon ganz andere Zeiten erlebt hat, weiß Herr X nicht. Er hatte mal eine Tante in Chemnitz, aber besucht hat er sie nie. Sie konnte nicht genug bekommen.....
Jena spielt mit dem Mut der Verzweiflung, mit dem Leid, der Leidenschaft, der Wut der Jena-Fans im Rücken, die schon seit 10 Jahren nicht mehr ins Stadion gehen wollen, aber jede Woche auf's neue hoffen.... Sie lieben ihren Verein, sie identifizieren sich mit ihm, viele haben nur ihn. Herr X versteht dies alles nicht. Herr X hört trotzige Ostdeutschland-Sprechchöre und überhört den Frust, die Liebe und die Leidenschaft in diesem Ausruf der Verzweiflung. Er hört Provokation, die es zu unterbinden gilt. Wie kann man einen solchen Stasi-Verein lieben? Unverständnis. Der Osten hat doch im Fußball nix erreicht. Herr X muss so denken. Er kann nichts dafür. Nichts weiß er von Olympia-Sieg, Magdeburg, Lok Leipzig, Dynamo Dresden und Jena. Zufall, alles Zufall. Dass heute die halbe Nationalmannschaft mit ostdeutschen Spielern bestückt ist, entgeht Herrn X....
Anders der KSC. Ihn braucht der süddeutsche Fußballverband, dem übrigens auch Herr X angehört, als Aushängeschild, als Zugpferd, als Gelddruckmaschine. Wer interessiert sich für Jena...? Ich, Autor dieser Zeilen, der heulend nach der letzten Oberliga-Saison die 2. Bundesliga als Abstieg empfand, und viele andere!!!
Herr X hängt seinen Gedanken nach und übersieht ein nicht zu übersehendes Foul eines KSC-Spielers im eigenen Strafraum an einem Jenaer Spieler. Der Pfiff bleibt aus, schließlich ist die Unsportlichkeit und Fallsucht der ostdeutschen Mannschaften bekannt. Der ostdeutsche Pöbel schreit vor Wut und Hilflosigkeit seinen Frust ins EAS. Verspritzter Glühwein, Feuerzeuge und Tribünensitze sind Opfer des ohnmächtigen Protestes. Warum wir? Man weiß nicht was man machen soll, man möchte weinen und schreien gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit seit 10 Jahren. "Das gleicht sich aus während der Saison" - nix gleicht sich aus!! 100 Mark ins Phrasenschwein und eine in die Fresse für diese Floskel.....
Der KSC spielt ruhig abgeklärt, Jena planlos. Aber diese Leidenschaft! "Woher nehmen sie die eigentlich? Sind doch alles nur Jugos? Naja, mehr können die sich eh nicht leisten! Die jungen Talente spielen im Westen!" grient Herr X in sich hinein, während er die zehnte Gelbe Karte für einen Jenaer aus seiner Tasche zieht, hingegen er es an diesem Spieltag bei ähnlichen Vergehen von KSC-Spielern bei einer freundschaftlichen Ermahnung belässt. Unter Regenschirmen und vom MSD begleitet geht es zur Halbzeit in die Kabinen.
In der zweiten Hälfte das gleiche Bild. Jena kontert und erspielt die eine oder andere Möglichkeit, ohne das Tor zu machen. Man richtet sich auf ein für den KSC schmeichelhaftes 0:0 ein, als in der 85. Spielminute Herr X und dessen katastrophaler Fahnenträger auf der Haupttribünenseite ihr Herz für den KSC entdecken. Saraba klärt mit sauberem Tackling und wird dafür mit einer gelben Karte und einem Freistoß für den KSC bestraft, der den 1:0 Siegtreffer für den KSC einleitet.... "Absteiger! Absteiger"-Rufe aus der Fankurve des KSC tragen nicht wesentlich zur inneren Einheit Fußballdeutschlands bei. Wir regen uns auf, wir möchten losheulen. Nur einer im Block A ist ganz ruhig und sagt zum Autor dieser Zeilen. "Was Du Dich aufregst? So läuft es doch seit 10 Jahren. Und so wird es immer laufen...." Die Lokalmatadore erwarteten zu Beginn dieser Partie nichts. Denn wer nichts erwartet, kann schließlich nicht enttäuscht werden. Wie sehr man sich irren kann.....

--Traudel