2006/2007 29. Spieltag: FC Carl Zeiss Jena - FC Erzgebirge Aue 2:1

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Spieldaten
Wettbewerb 2. Bundesliga, 29. Spieltag
Saison Saison 2006/2007, Rückrunde
Ansetzung FCC - FC Erzgebirge Aue
Ort Ernst-Abbe-Sportfeld in Jena
Zeit 16.04.2007, 20:15 Uhr
Zuschauer 10.845
Schiedsrichter Rafati (Hannover)
Ergebnis 2:1
Tore
Andere Spiele
oder Berichte

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Aufstellungen

Jena
Lomaia - Voigt; Kühne, Wachsmuth (RK, 87.), R. Maul (90. Kowalik); Werner, Fröhlich (86. Holzner), Günther (64. A. Maul), Zimmermann, Schlitte; Sykora
Aue
Keller; Trehkopf (30. Adamski), Emmerich (46. Geißler), Kos (RK, 87.), Loose; Dostalek, Heller, Klinka (64. Demir), Lenze; Rangelov (GRK, 85.), Juskowiak

Spielbericht

Kühne(s) Partie

Totgesagte leben länger, neue Besen, angeschlagene Boxer … etc. pp.

Im Zusammenhang mit Trainerwechseln gibt es mittlerweile so viele Phrasen (wahre, halbwahre, falsche, nie bewiesene), man könnte mit ihnen Seiten füllen (oder Überschriften, bzw. Untertitel) …

Nun also hatten die „Gesetze des Geschäftes“ auch am Fuße der Kernberge gegriffen. Mit Heiko Weber ging einer von Bord, der sich hätte in die Geschichtsbücher der blaugelbweißen Ewigkeit schreiben können. Wie war doch in der Südkurve zu lesen: „3 Jahre – 2 Aufstiege – 1 Mann, Danke Heiko!“ Wie kaum einem anderen hätte ich, trotz all seiner Ecken und Kanten, HW auch persönlich den Erfolg des Klassenerhaltes gegönnt. Allein schon die Art und Weise des Fußballs der Aufstiegsjahre bereiten mir jetzt noch wohlige Erinnerungsschauer. Dafür Dank, Anerkennung und Respekt. Den alles entscheidenden (Denk-) Fehler beging HW (aber sicher nicht allein) wohl, als er glaubte, der Kern der OL-/RL-Aufstiegstruppe sei zweitligatauglich. (Aber der Schritt von der RL ist eben doch wesentlich größer als der von der OL zur RL.)
Bestätigt und wohl auch ein wenig geblendet in dieser fehlerhaften Einstellung wurden wir alle durch den respektablen Start in die Saison. Als das Verletzungspech sich dann aber dauerhaft im Saaletal einnistete, lagen die personellen Probleme schmerzhaft offen wie klaffende Wunden. Die winterpäuslichen Wundpflaster waren überraschend hochkarätig und ich kann bis heute nicht verstehen, wie nach einer hoffnungsschwangeren 9-Punkte-Serie ein derartiges Desaster wie jenes in Unterhaching passieren konnte. Dieser (Un)Kick war m. E. der negative Kulminationspunkt der Saison und ein Wirkungstreffer, der HW die Luft nahm. Sowohl er, als auch das Team taumelten seither schwer angeschlagen durch den Ring. HW schien nur noch zu reagieren, statt selbst (nachvollziehbare) Akzente zu setzen. Für einen Trainer seiner Vita und seinen geringen Erfahrungen im Umgang mit sochen Situationen, sind Fehler akzeptabel und nicht außergewöhnlich. Hätte der Verein dies offensiv akzeptiert und wäre den Weg mit ihm weiter gegangen – ich hätte es hingenommen (und respektiert).

Die Entscheidung war eine andere. Frank Neubarth also ist der Neue.
Neubarth?
Nun gut, zumindest besser als viele andere Namen, die da so durch die Gerüchteküche waberten. Und sonst? Neubarth symbolisiert für mich einerseits Werder Bremen in seiner Zeit des ewig piefig-spießigen Otto Rehagel. Andererseits gibt sein Trainerdasein beim SC Meineid und den Störchen nichts Spektakuläres her … Er ist ein ruhiger, unaufgeregter Typ – vielleicht allein schon deshalb keine schlechte Wahl. Ab sofort trainiert er nun meinen/unseren FCC – er hat also sämtlichen Kredit, mein Vertrauen und meine Unterstützung. Seinen Namen habe ich gestern mit gleicher Inbrunst gerufen wie den seines Vorgängers – möge er also derjenige sein, dem das (Un)mögliche gelingt! Jeder hat seine faire Chance verdient.

Rings um das Fanhaus herrschte vor Spielbeginne eine ambivalente Stimmung. Jena ohne Benno schien vielen noch ausgesprochen seltsam anmutend. Jena mit FN schien den meisten mindestens ebenso gewöhnungsbedürftig. Dennoch, der zuletzt allgegenwärtige Fatalismus schien einem schwach funkelndem Optimismus gewichen zu sein und hier und da war ernsthaft Hoffnungsvolles zu vernehmen. Zu denen, die aus welchen Gründen auch immer, sich die letztmögliche „Wir-ziehen-uns-aus-dem-Sumpf“-Aktion live ansehen wollten, zählten übrigens an diesem Montag neben der üblichen Jenaer Fußball-Prominenz auch Chemie Leipzigs Präsi Heller, Lorenz-Günther Köstner und Ralf „IchHabNochGelÜbrig“ Minge.

Muss man es noch erwähnen? Ja! Auch diesmal einfach wieder phantastisch, mit welcher Hingabe und Leidenschaft das Publikum im Paradies schon vor dem Spiel deutlich machte: Wir glauben (noch) an Euch! (Da sieht man auch mal generös darüber hinweg, lieber Heimspiel-TV-Moderator, dass im Familiennamen unseres langzeitverletzten Stürmers Sebastian H. kein „n“ vorkommt!) Und da auch etliche Unterstützer der Gäste rechtzeitig aus dem Schacht gekrochen oder von ihren Feldern heimgekehrt und mit ihren Traktoren, Pferdefuhrwerken und Ochsenkarren in die große Stadt gereist waren, herrschte prächtige Atmosphäre in Thüringens Fußballtempel. Schon deshalb muss das (noch vermeidbare)Unheil in die Knie gezwungen werden!

Schon die erste Minute bringt halbrechts einen Freistoß für die Göttlichen und R. Mauls Flanke köpft Schlitte nur knapp vorbei. Die Richtung für HZ 1 war vorgegeben! Die Unseren agierten vom Start weg aggressiv, energisch und mit lang nicht gesehener Lauffreude. Schon die Körpersprache machte klar: Hier regiert der FCC! Aue schien sichtlich irritiert, auch wenn der Anfangsdruck der Jenaer nicht nbedingt zwingend wirkte. Als nach 10 Minuten ein RM-Freistoß zunächst abgeblockt wird, entscheidet sich Aues Trehkopf den Ball nur halbherzig weg zu bugsieren. Darauf hat der alte Fuchs Zimme nur gewartet. Wuchtig trifft er das Spielgerät, unbeirrbar zielstrebig zieht es Keller frech ignorierend seine Bahn und lässt sich in seiner Raketenflugbahn erst vom Netz aufhalten – TOOOOOOR! 1:0 und das EAS gleicht einem Vulkan! Psychologie eines Trainerwechsels hin oder her, nach diesem Tor sah man ein weißes Ballett, wie man es soooooo lange leidend vermisst hatte. Kein Ball wurde verloren gegeben, jeder Grashalm des Rasens wurde niedergemäht, einer sicherte en anderen ab und selbst manch „älterer“ Spieler schien urplötzlich die Kraft der 2 Herzen zu haben. Aue fand nicht statt. Die Pomadigkeit und Körperlosigkeit mit der die Bergwerker agierten hätte wohl kaum gereicht, um in der 2. Liga auf dem benachbarten USV-Platz zu bestehen. Und als sie dann merkten, dass so nix zu holen ist, packten sie einfach mal den Holzhammer aus. Holzmichels eben.

Noch etwas Gutes hatte der Wechsel auf Jenas Bank. Fiete konnte mal wieder, ohne gleich bei jeder Ballberührung ausgepfiffen zu werden, von Beginn an spielen und tat dies erstaunlich gut. Er erkämpfte Bälle als erster Defensivmann, konnte Anspiele sinnvoll verarbeiten, gewann Zweikämpfe und war als Ballverteiler ungemein effektiv. Ebenso überraschend TW! Wer ihn noch in Bautzen gesehen hatte, konnte wohl gestern kaum glauben, was er da sah: gewonnene Dribblings, gefährliche Sprints und ein energischer Zug um Tor. Das war für mich die Überraschung des Tages! Auch KS tauchte endlich mal wieder regelmäßig gefährlich am rechten Flügel auf, schade nur, dass er in der 18. Minute etwas zu hastig beim Flanken war. Als die Rachermänn’l nach 20 Minuten erstmals einen Ball in Richtung Jenaer Strafraum senden ist Lohmeier zur Stelle und nimmt diesen sicher auf. Nach 20 Minuten sieht Fiete Gelb wegen übertriebenen Körpereinsatzes (Ellenbogen) – Sachen gibt’s … Jena marschiert der Situation entsprechend weiter unnachgiebig Richtung Gästetor: einsatzstark, robust, hart und ohne Schnörkel. So kommt TW in der 25. Minute bei einem schnellen Konter nur einen Schritt zu spät und in der 27. Minute hat Keller mächtig Probleme, einen Maul-Freistoß zur Ecke abzuwehren. Der nächste Jenaer Angriff wurde leider abgepfiffen, obwohl Fiete bei seiner Kopfball-Rückgabe m. E. nach nicht im Aus war. Nach einer halben Stunde darf Adamski dann das tun, was HW ihm vor Saisonbeginn noch mangels Klasse verwehrt hatte, im EAS auflaufen. (Trehkopf, der bis dahin nur arrogant über den Platz stolzierte und dennoch kurz vor der GRK stand, durfte duschen gehen.) Nach 43 Minuten dribbelt TW wieder mal wie in „alten“ RL-Zeiten, seinen guten Schuss lenkt Keller aber zur Ecke. Dennoch, es folgt eine Szene (45.) mit symbolischem Charakter für diese famose blaugelbweiße erste Hälfte. Während die Auer verträumt den Ball vor sich hin murmeln, nimmt Kühne Fahrt auf (trotz der Konstellation Neubarth-Kühne verkneife ich mir das „ausgerechnet Kühne“ und grüße lieber alle 11-Freunde-Leser) schnappt sich die Pille, zieht davon und spielt eine halbhohe Flanke in den Auer Strafraum. Nie und nimmer kann Schlitte noch an diesen Ball kommen! Oder? Doch! Ja! Er kann! Und … der ist drin!!! ZWEIZUNULL! Der FCC führt den Spielanteilen nach zur Pause völlig verdient mit 2:0. Dass ich diesen Satz in dieser Saison nochmals schreibe – ich hätte es nicht geglaubt.

Die Mannschaft von hinter den sieben Bergen war recht schnell wieder da, was sollte Schädel-Gerd ihnen zur Halbzeit auch sagen außer „Macht einfach alles besser als bisher“. Für die Unabsteigbaren (!?!) galt es, genau dies zu verhindern. Allerdings ist schon kurz nach Wiederanpfiff zu erkennen, dass Aue jetzt energischer den Ball behauptet und die Unseren insgesamt ca. 10 Meter weiter hinten stehen als in HZ1. Dennoch, nach 53. Minuten scheint das EAS vor dem kollektiven Kollaps zu stehen. TW startet an der Mittellinie in einer Geschwindigkeit Richtung Keller-Tor, dass wohl selbst ein Henry Lesser in seinen besten Tagen und ohne Ball nicht hinterher gekommen wäre – was für ein Sprint! Dass CF mit seinem Schuss anschließend an Keller scheitert, ist wieder mal dem Fluch der guten Jenaer Torwartschule geschuldet. Kurze Zeit später klärt Lomaia dann als Libero ebenso souverän. Was sich im Deckungsspiel der wahren Thüringer Fußballmacht geändert hat, mache u. a. die 60. Minute deutlich: Voigt, wird im Strafraum ausgespielt, aber noch ehe der Auer Angreifer dieses ungewöhnliche, weil seltene, Glück fassen kann, kommt wieder Kühne herangefegt und rettet seinem Abwehrchef im wahrsten Sinne des Wortes den Allerwertesten. Das S. Kühne spielte und wie er spielte, beides zeigt mir, dass sowohl Kicker als auch Neu-Trainer bereit waren, profihaft Animositäten auszublenden und jeder willig ist, unvoreingenommen, seinen Teil zum Erfolg des Teams beizutragen. Ein weiteres kleines Steinchen im Mosaik der blaugelbweißen Hoffnung Gewissheit! Da die Angriffe der Einheimischen jetzt seltener werden, ist es verdamm ärgerlich, dass Fiete nach 70 Minuten den Pass Voigts’ nicht unter Kontrolle bekommt und mit dem 3:0 die Gäste endgültig zurück in die Grube schickt. Gleiches gilt für den guten Schuss Fröhlichs, der in der 73. knapp vorbei geht. Aues erster gefährlicher Torschuss findet in der 74. statt, geht aber links an unserem Tor vorbei. Dennoch, insgesamt werden die Anbetungswürdigen nun immer passiver. Etwas, das mich schon seit geraumer Zeit bedenklich stimmt, ist auch jetzt wieder zu sehen: die Unseren sind nach 75 Minuten ziemlich und nach 80 völlig platt. Noch bleibt dies folgenlos, auch wenn Lomaias Faustabwehr in der 82. Ärgeres befürchten lässt. Überhaupt Lomaia, was haben wir diesem zu Beginn seiner Jenaer Zeit für dessen Souveränität bei hohen Bällen applaudiert. Manchmal beschleicht mich der Gedanke, auch er wäre diesbezüglich vom Zeiss-Virus befallen, den die Titanen einst in der kölschen Blitz-Post identifizierten. Das Tor der Gäste, wenn auch nur durch glückliches Abfälschen begünstigt, war irgendwie folgerichtig. (und war der Ball bei der vorausgegangenen Ecke nicht im Aus? [83.])

Die Unseren, allen voran der mal wieder überragende Alex Voigt, kämpften dieses so ungeheuer wichtige Resultat über die Zeit und hatten bei Zimmes Heber in der 89. sogar noch das dritte Tor auf dem Schlappen. Das das Spiel nicht mit voller Besetzung zu Ende geht, war absehbar. Rangelows GRK war dabei genau so dumm, wie die RK von Toni W. unnötig und die RK Kos’ folgerichtig. Als Rafati letztmals sein Pfeifchen trällern lässt, ist nicht auszumachen, was überwiegt: Siegesjubel oder der kollektive Aufschrei der Erleichterung? Egal, 3 Punkte! Die zählen! Nicht weniger und auch nicht mehr.

Hätte man mit Spielende das Licht im heiligen EAS gelöscht, es wäre wohl dennoch hell geblieben. Denn hell wie lange nicht mehr glomm in den Augen Tausender das Hoffnungsfünkchen wieder neu. Und nach 90 Minuten im EAS auch mal wieder lachende und zufriedene Menschen in Blau, Gelb und Weiß zu sehen, tat wohl! Mehr davon!

Die Nach-Weber-Ära beginnt mit drei wichtigen Punkten und einer Leistung, die zumindest für 75 Minuten Hoffnung aber keine Euphorie verbreitet. Der Sieg war lebenswichtig. Zum Überleben reicht er nicht. Der Überlebenskampf geht weiter – am Sonntag in Freiburg zum Beispiel! Und am Sonntag bekommt der unsägliche Oberlehrer im Breisgau ein vom Grunde her gesamtgesellschaftliches Problem – es heißt: AUSWÄRTSSIEG!

YNWA

--Kopfnuss 14:50, 17. Apr. 2007 (CEST)


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