1960 16. Spieltag: SC Dynamo Berlin - SC Motor Jena 1:1

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Spieldaten
Wettbewerb DDR-Oberliga, 16. Spieltag
Saison Saison 1960, Rückrunde
Ansetzung SC Dynamo Berlin - SC Motor Jena
Ort Walter-Ulbricht-Stadion in Berlin
Zeit So. 11.09.1960 16:00 Uhr
Zuschauer 4.000
Schiedsrichter Hans-Georg Neumann (Forst)
Ergebnis 1:1 (0:0)
Tore
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Berlin
Heinz Klemm
Konrad Dorner, Werner Heine, Martin Skaba
Herbert Maschke, Waldemar Mühlbächer
Christian Hofmann, Günter Schröter, Emil Poklitar, Hermann Bley, Wilfried Klingbiel (62. Ralf Quest)

Trainer: Janos Gyarmati

Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Jena
Harald Fritzsche
Hans-Joachim Otto, Siegfried Woitzat, Hilmar Ahnert
Hans Graupe, Walter Eglmeyer
Roland Ducke, Peter Ducke, Horst Kirsch (68. Helmut Müller), Dieter Lange, Erwin Schymik

Trainer: Georg Buschner

Spielbericht

Torhüter stehen nicht unter "Denkmalsschutz"

Dieses Spiel enttäuschte die Berliner, weil es außer der Härte nichts hatte, an dem man sich erfreuen konnte

Sagen wir es gleich vorweg: Von diesem Spiel hatten wir mehr erwartet. Beide Mannschaften, in letzter Zeit oft imponierender als zu Beginn der Saison, beide traten mit besten Empfehlungen an. Aber das Spiel war eine einzige Enttäuschung, bösartig, aber gar nicht einmal unberechtigt, klang es neben mir in der zweiten Halbzeit: "Man könnte dieses Spiel mit der Überschrift versehen: Hier sehen Sie die Fortsetzung der vom DTSB eröffneten Fußball-Diskussion." Wahrlich, dieses Spiel hat nicht dazu beigetragen, die Herzen höher schlagen zu lassen, die Hoffnungen auf eine Verbesserung unseres Fußballs zu bestärken. Ich möchte deshalb auch nicht auf taktische Varianten eingehen. Sie waren zu klar erkenntlich. Jena spielte betont defensiv, war meist mit 7 bis 8 Spielern in der Deckung und versuchte, wie schon gegen den ASK, mit steilen Pässen seine schnellen und gefährlichen Spitzen ins Gefecht zu schicken.

Aber Jena imponierte lange nicht so wie gegen den ASK. Es gab viel zuviel Fehlpässe und auch der offensive SC Dynamo verzettelte sich mehr und mehr, verdribbelte sich im Mittelfeld, machte damit das Spiel noch enger, anstatt seine Flügel weit und steil zu schicken. Mühlbächer tat nicht viel, kaum mehr, als Bälle, die seinen kleinen Aktionsradius kreuzten, weiter zu lenken. Maschke bemühte sich wenigstens um den Ball, pendelte unerhört viel, aber er allein konnte auch keine Linie ins Spiel bringen, zumal Schröter die konsequente Manndeckung der Gäste am wenigsten behagte. Je mehr der Kampf an Linie verlor, um so kräftiger wurde unfair gespielt. Und dabei zeichneten sich besonders Spieler aus, die es am wenigsten nötig hätten, weil sie überdurchschnittlich sind. Ducke II war Jenas gefährlichster Spieler, doch immer wieder hatte er kleine Mätzchen auf Lager. Ahnert spielte alles andere als sauber, und auch Dynamo mischte kräftig mit.

Aber Mühlbächer sprang einmal völlig korrekt in eine Hofmann-Flanke und köpfte sie aufs Tor. Schiedsrichter Neumann pfiff. Freistoß für Jena. Bei uns stehen eben die Torhüter unter Denkmalsschutz, sie brauchen nur einen kleinen Rempler zu bekommen, sogar fair mit der Schulter, dann pfeifen unsere Unparteiischen, johlen unsere Zuschauer, weil die Männer in Schwarz sie so erzogen haben. Dabei ist der Schlußmann nichts anderes als ein Feldspieler. Wenn er den Ball nicht fest hat, kann der Stürmer angreifen. Auch als Günter Schröter nach dem Ball schlug und Fritzsche (imponierend, aber auch ein ganz guter Schauspieler, der beim kleinsten Rempler auf den Pfiff wartet, weil er weiß, daß dieser kommt) auf sein Bein fiel, da war das ein Akt, den man im Ausland von den Rängen geradezu fordert, weil eben der Torsteher ein Spieler ist, weil diese prickelnden Szenen eben zum Fußball gehören.

Sicherlich war der Pfiff Neumanns bei diesem Vorfall angebracht, weil Schröters Angriff nicht von vorn, sondern von der Seite erfolgte. Aber solche Attacken erleben wir international immer, und da wird nicht gepfiffen. Darum sollten wir uns an solche Dinge gewöhnen. Auch das gehört zum Fortschritt unseres Fußballs, daß wir unterscheiden lernen zwischen Foul und zwischen Korrektheit. Über diese Frage sollten wir bei unserer Fußballdiskussion auch einmal ganz offen sprechen, zum Wohle unseres Fußballsportes. Daß Jenas Mannschaft veranlagt ist, daß sie über eine Menge guter Talente verfügt, das zeigte auch wieder dieses Spiel. Aber warum spielt Jena so bewußt defensiv, warum müssen sich von vornherein zwei Stürmer nach hinten orientieren. So kommen wir doch nicht weiter.

In "offener Feldschlacht" sollte die Entscheidung gesucht werden. Sicherlich wäre dann auch dieses Spiel feuriger, herzhafter und besser gewesen. Und eine so begabte Mannschaft wie der SC Motor würde sicherlich weiterkommen, besser dastehen, wenn sie ihre Kraft im Angriff, im ständigen Angriff suchen würde. Nach den letzten guten Spielen der Ungarnreise enttäuschte uns Dynamo mächtig. Es war kein Zug in der Elf, kein Drang, kein Direktspiel. Ich sah es selbst in den Mienen von Janos Gyarmati, daß er von seinen Männern mächtig enttäuscht war. Sicherlich, man kann gegen eine Mannschaft mit einer solchen Einstellung wie Jena schlecht aussehen, aber man muß dann zumindest merken, daß alle das Blatt wenden wollen; man muß auch erkennen können, daß die klaren taktischen Voraussetzungen dazu von den Spielern geschaffen werden (breit spielen, steil spielen), wenn man so viele Nationalspieler, also Persönlichkeiten, in seiner Elf hat.

(Hermann Gehne in "Die Neue Fußballwoche" vom 13. September 1960)

Reserven : 8:1 - Jena : Lohmann ; Woitzat II , Hüfner , Conrad ; Vasod , Hoffmann ; Takacs , Sack , Knothe ( 63.Glaue ) , Dimopolus , Knorr , Tore : Gadow 5 , Velebiel 2 , Kaschunke / Knorr