1977/1978 21. Spieltag: FC Carl Zeiss Jena - 1. FC Magdeburg 1:1: Unterschied zwischen den Versionen
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=== Strategenhafte Züge: Lindemann === | |||
Dirk Heyne gab Rechtsverteidiger Rolf Döbbelin beim Abgang einen freundschaftlichen, anerkennenden Klaps auf die Schultern. Diese Geste war vielsagend genug: Wir haben ein hier und da von vornherein schon verlorengeglaubtes Spiel doch noch mit einem bemerkenswerten Ergebnis aus dem Feuer gerissen. Sie drückte zugleich aber auch das aus: Lob für den Mut und die Unerschrockenheit, mit der sich die Abwehr unter der geschickten Regie von Libero Seguin im gegnerischen Dauerdruck der zweiten Halbzeit bewährt hatte. Der 1. FCM durfte in der Tat mit sich zufrieden sein. | |||
Die Skeptiker behielten am Ende erfreulicherweise nicht recht: Auch ohne eine Vielzahl bewährter Stammspieler auf beiden Seiten wie Weise, Oevermann, Noack einer- und Sparwasser, Hoffmann, Raugust, Zapf und Decker andererseits demonstrierten beide Mannschaften ansprechenden Fußball. "Jena zweifellos dynamischer, geschlossener als der 1. FCM und mit unerhörtem Ehrgeiz und läuferischem Bemühen bis in die Schlußphase hinein, der Kontrahent aber keinesfalls unüberlegt im Konterstil der ersten 45 Minuten", schätzte Karl-Heinz Benedix, Vorsitzender der Rechtskommission im DFV der DDR, am Ende ein. Jena hätte sich, ausgehend von den deutlichen Spielanteilen, durchaus den Sieg verdient, doch den aufopferungsvoll kämpfenden, durch Steinbachs Verletzungsausfall noch zusätzlich geschwächten Elbestädtern war das 1:1 ebenso zu gönnen! | |||
Strategenhafte Züge trug an diesem Tag vor allem das Spiel eines Mannes: Lutz Lindemann. Dirk Heyne konstatierte später kurz und bündig, aber unbedingt zutreffend: "Man weiß als Torwart nicht, was der Jenaer im Sinne hat - einen täuschenden Paß, einen platzierten Schuß oder einen unberechenbaren Schlenzer." Von Lindemann wurde der baumlange Magdeburger härter gefordert als von allen anderen Jenaer Akteuren; Schnuphase, Kurbjuweit als Abwehrspieler mit offensivem Zuschnitt einbezogen. Er war Tempogestalter, kluger Regisseur und ständiger Anspielpunkt dank unermüdlicher Lauffreude bis zum Schluß in einer Person. Er und der einsatzfreudige Neuber trieben das Spiel ihrer Elf förmlich nach vorn, ohne allerdings die in der eigenen Mannschaft auftretenden Schwächen (Sengewalds zu langsames Auftauen, das mangelhafte Behauptungsvermögen von Raab, Töpfer) letztlich überspielen zu können. An diesem Zwiespalt scheiterte Jena letztlich. | |||
Mit Pommerenkes spürbaren Formanstieg gewann der 1. FCM nach Wiederbeginn vorübergehend an geradlinigem, entschlossenem Zug nach vorn. Doch aus der immer stärker beanspruchten Deckung heraus kam in der Folgezeit zu wenig - auch von Streich, Ebeling, die dem sich unermüdlich abrackernden Döbbel ihre "Schützenhilfe" zu sehr versagten. Die unausbleibliche Folge: Magdeburgs Spiel geriet aus den Fugen - unter die Räder dank der unbändigen Moral und Einsatzbereitschaft aller jedoch nicht, wie es manchmal drohend schien... | |||
Zum Schiedsrichterkollektiv: Männig leitete korrekt, jedoch äußerst großzügig, als er Heynes unsaubere Aktion gegen Raab nach einem Fangfehler tolerierte. | |||
''(Dieter Buchspieß in "Die Neue Fußballwoche" vom 25. April 1978)'' | |||
[[Kategorie:Punktspiele 1977/1978]] | [[Kategorie:Punktspiele 1977/1978]] | ||
[[Kategorie:1. FC Magdeburg]] | [[Kategorie:1. FC Magdeburg]] |
Version vom 19. Oktober 2009, 21:22 Uhr
Spieldaten | |
Wettbewerb | DDR-Oberliga, 21. Spieltag |
Saison | Saison 1977/1978, Rückrunde |
Ansetzung | FC Carl Zeiss Jena - 1. FC Magdeburg |
Ort | Ernst-Abbe-Sportfeld |
Zeit | Sa. 22.04.1978 15:00 Uhr |
Zuschauer | 15.000 |
Schiedsrichter | Günter Männig (Böhlen) |
Ergebnis | 1:1 |
Tore |
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Andere Spiele oder Berichte |
Aufstellungen
- Jena
- Hans-Ulrich Grapenthin
- Rüdiger Schnuphase
- Gert Brauer, Andreas Krause, Lothar Kurbjuweit
- Uwe Neuber, Lutz Lindemann, Dietmar Sengewald
- Jürgen Raab (62. Martin Trocha), Thomas Töpfer, Eberhard Vogel
Trainer: Hans Meyer
- Magdeburg
- Dirk Heyne
- Wolfgang Seguin
- Rolf Döbbelin, Dirk Stahmann, Peter Kohde
- Jürgen Pommerenke, Wolfgang Steinbach (46. Jürgen Ebeling), Axel Tyll
- Joachim Streich, Siegmund Mewes, Rainer Döbbel
Trainer: Klaus Urbanczyk
Spielbericht
Strategenhafte Züge: Lindemann
Dirk Heyne gab Rechtsverteidiger Rolf Döbbelin beim Abgang einen freundschaftlichen, anerkennenden Klaps auf die Schultern. Diese Geste war vielsagend genug: Wir haben ein hier und da von vornherein schon verlorengeglaubtes Spiel doch noch mit einem bemerkenswerten Ergebnis aus dem Feuer gerissen. Sie drückte zugleich aber auch das aus: Lob für den Mut und die Unerschrockenheit, mit der sich die Abwehr unter der geschickten Regie von Libero Seguin im gegnerischen Dauerdruck der zweiten Halbzeit bewährt hatte. Der 1. FCM durfte in der Tat mit sich zufrieden sein.
Die Skeptiker behielten am Ende erfreulicherweise nicht recht: Auch ohne eine Vielzahl bewährter Stammspieler auf beiden Seiten wie Weise, Oevermann, Noack einer- und Sparwasser, Hoffmann, Raugust, Zapf und Decker andererseits demonstrierten beide Mannschaften ansprechenden Fußball. "Jena zweifellos dynamischer, geschlossener als der 1. FCM und mit unerhörtem Ehrgeiz und läuferischem Bemühen bis in die Schlußphase hinein, der Kontrahent aber keinesfalls unüberlegt im Konterstil der ersten 45 Minuten", schätzte Karl-Heinz Benedix, Vorsitzender der Rechtskommission im DFV der DDR, am Ende ein. Jena hätte sich, ausgehend von den deutlichen Spielanteilen, durchaus den Sieg verdient, doch den aufopferungsvoll kämpfenden, durch Steinbachs Verletzungsausfall noch zusätzlich geschwächten Elbestädtern war das 1:1 ebenso zu gönnen!
Strategenhafte Züge trug an diesem Tag vor allem das Spiel eines Mannes: Lutz Lindemann. Dirk Heyne konstatierte später kurz und bündig, aber unbedingt zutreffend: "Man weiß als Torwart nicht, was der Jenaer im Sinne hat - einen täuschenden Paß, einen platzierten Schuß oder einen unberechenbaren Schlenzer." Von Lindemann wurde der baumlange Magdeburger härter gefordert als von allen anderen Jenaer Akteuren; Schnuphase, Kurbjuweit als Abwehrspieler mit offensivem Zuschnitt einbezogen. Er war Tempogestalter, kluger Regisseur und ständiger Anspielpunkt dank unermüdlicher Lauffreude bis zum Schluß in einer Person. Er und der einsatzfreudige Neuber trieben das Spiel ihrer Elf förmlich nach vorn, ohne allerdings die in der eigenen Mannschaft auftretenden Schwächen (Sengewalds zu langsames Auftauen, das mangelhafte Behauptungsvermögen von Raab, Töpfer) letztlich überspielen zu können. An diesem Zwiespalt scheiterte Jena letztlich.
Mit Pommerenkes spürbaren Formanstieg gewann der 1. FCM nach Wiederbeginn vorübergehend an geradlinigem, entschlossenem Zug nach vorn. Doch aus der immer stärker beanspruchten Deckung heraus kam in der Folgezeit zu wenig - auch von Streich, Ebeling, die dem sich unermüdlich abrackernden Döbbel ihre "Schützenhilfe" zu sehr versagten. Die unausbleibliche Folge: Magdeburgs Spiel geriet aus den Fugen - unter die Räder dank der unbändigen Moral und Einsatzbereitschaft aller jedoch nicht, wie es manchmal drohend schien...
Zum Schiedsrichterkollektiv: Männig leitete korrekt, jedoch äußerst großzügig, als er Heynes unsaubere Aktion gegen Raab nach einem Fangfehler tolerierte.
(Dieter Buchspieß in "Die Neue Fußballwoche" vom 25. April 1978)