1979/1980 FDGB-Pokal Finale: FC Carl Zeiss Jena - FC Rot-Weiß Erfurt 3:1 n. V.: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 9. Januar 2009, 22:56 Uhr
Spieldaten | |
Wettbewerb | FDGB-Pokal, Finale |
Saison | Saison 1979/1980 |
Ansetzung | FC Carl Zeiss Jena - FC Rot-Weiß Erfurt |
Ort | Stadion der Weltjugend in Berlin |
Zeit | 17.05.1980 15:00 |
Zuschauer | 45.000 |
Schiedsrichter | Siegfried Kirschen (Frankfurt/Oder) |
Ergebnis | 3:1 n.V. |
Tore |
|
Andere Spiele oder Berichte |
Aufstellungen
- Jena
- Hans-Ulrich Grapenthin
- Rüdiger Schnuphase
- Wolfgang Schilling, Konrad Weise, Lothar Kurbjuweit
- Gerhardt Hoppe, Lutz Lindemann, Andreas Krause
- Martin Trocha (60. Thomas Töpfer), Jürgen Raab, Eberhard Vogel (ab 72. Dietmar Sengewald)
Trainer: Hans Meyer
- Erfurt
- Wolgaang Benkert
- Hans-Joachim Teich
- Uwe Becker, Dieter Göpel, Harald Brosselt
- Klaus Schröder (97. Jörg Hornik), Harald Fritz, Manfred Vogel (96. Josef Vlay)
- Martin Iffarth, Jürgen Heun, Armin Romstedt
Trainer: Manfred Pfeifer
Spielberichte
Als der Außenseiter führte, wurde Favorit gefordert
Die Trainer versprachen einiges, doch die Mannschaften hielten zunächst wenig davon. Manfred Pfeifer ging davon aus, daß seine Vertretung offensiv wirken wolle; Hans Meyer betonte, daß beide um den Sieg spielen werden.
Nun das Weiß-Rot der Erfurter und das Blau-Weiß der Jenaer, neunfach über das gesamte Feld hinweg, scheinbar untrennbar miteinander verbunden, mag sich auf dem grünen Rasen zu einem hübsch bunten Bild vereint haben, indes schien dieser totale Pärchenbetrieb zu einer völligen Erstarrung des Geschehens zu führen. Fritz-Lindemann, Schröder-Krause, Vogel-Hoppe - so fanden sie sich im Mittelfeld keineswegs zufällig zusammen, und die Stoßstürmer konnten sich kaum drehen, so dicht standen ihnen die Abwehrspieler auf den Füßen. Nichts gegen ein konsequentes Decken der Angreifer, aber alles gegen ein stupides Hinterherlaufen über das gesamte Feld, gegen jenes sterile "Miteinander der Kontrahenten" im Mittelfeld, das eher für Phantasielosigkeit aller Beteiligten spricht, Trainer wie Spieler, als für eine vorgegebene taktische Konzeption.
Die logische Folge: Lange Zeit passierte so gut wie nichts. Spannungsgehalt eines Pokalspiels? Dramatische Zuspitzung eines Finales? Zunächst nichts von alledem. Stattdessen machte sich fast Langeweile breit.
Die Höhepunkte der ersten Phase sind schnell aufgezählt: Schnuphase schloß oft mit nach vorn auf, hatte auch eine Chance (8.), während Teich lediglich einmal über die Mittellinie rückte, dabei gleich eine gute Kombination auslöste (35.). Dazwischen ließ Lindemann einen Knaller los, den Benkert parierte (32.). Sonst gab es nichts Bemerkenswertes zu notieren.
Ein Glück für den weiteren Fortgang des Geschehens, daß Fritz nach genau vierzig Minuten alle Fesseln sprengte, sich mit schnellem Antritt von Lindemann löste, den Ball kurz am Fuß führte und überraschend abschoß. Grapenthin parierte zwar, mußte die Kugel jedoch prallen lassen. Romstedt war zur Stelle. Der Ball zappelte im Netz. Der Außenseiter führte.
Der Rückstand zwang den Favoriten zu größerer Aktivität, und sofort gewann das Geschehen an Reiz. Erst jetzt kam Spannung auf, Dramatik sogar, und mit diesen Faktoren stellten sich auch Elemente der Klasse ein. Freilich gab es nach wie vor Unfertiges zu sehen, beispielsweise bei einigen Akteuren der Umgang mit dem Ball. Doch insgesamt geschah jetzt viel Überraschendes, dem man seine Anerkennung nicht versagen konnte. Was aber nur die Frage provoziert: Warum nicht gleich so?
Wie auch immer, Schnuphase, Weise, Kurbjuweit drängten im Wechsel nach vorn. Darin sah Manfred Pfeifer später eine wichtige Ursache für "Jenas noch verdienten Sieg, weil die engere Abwehr aggressiver wirkte". Lindemann wurde mehr und mehr zum Regisseur. Hoppe ging weite Wege. Krause zwang Schröder in die Defensive. Und vorn zerrten Vogel, Raab, Töpfer an den Ketten, durchbrachen sie jetzt mehrfach, ließen Becker, Göpel, Brosselt mit zunehmender Spielzeit schlechter aussehen. Benkert mußte bei Eingaben und Schüssen sein Können beweisen, tat das auch mit Auszeichnung, "wobei jedoch", wie er sagte, "das dritte Tor auf mein Konto ging".
Trotz des Jenaer Dauerdrucks, die Erfurter machten sich mehrere Male urplötzlich frei, verbuchten Chancen, hatten die Möglichkeit, die endgültige Entscheidung herbeizuführen. Nach Göpels Flanke köpfte Vogel daneben (55.); als Romstedt Hein freispielte, lenkte Grapenthin zur Ecke (56.); und auch Göpel verfehlte nach Fritz´ Flanke das Ziel (64.).
Diese Aktionen waren ein Signal für den FC Carl Zeiss. Wirkte er zunächst nach dem Wechsel noch etwas bieder mitunter geradezu hausbacken, als die Gefahr einer Niederlage immer gravierender wurde, verstärkte er seine Bemühungen, bewies der Favorit Moral. Es hatte auch den Anschein, als habe der FC Carl Zeiss mehr zuzusetzen, wobei das jedoch auch einfach aus der Konstellation des Spiel heruas abzuleiten ist, aus dem "alles oder nichts", zu dem er ja gezwungen war. Raabs Tor nach Töpfers Flanke und zu kurzer Abwehr der Erfurter Deckung leitete die Wende ein. Die Entscheidung fiel allerdings erst, und das dürfen die Rot-Weißen auf der Habenseite verbuchen, in der Verlängerung. Nach Sengewalds Freistoß, der von der Mauer zu Kurbjuweit prallte, sorgte der linke Verteidiger von der rechten Seite(!) für das 2:1, dem Sengewald schließlich mit haltbarem Schuß das 3:1 folgen ließ.
Ohne Zweifel, der FC Carl Zeiss gewann dann noch völlig verdient, weil er ausgeglichener besetzt war, flexibler wirkte und auch über die besseren Individualisten verfügte. Der FC Rot-Weiß tat viel zur Belebung des Spiels, das insgesamt fair geführt wurde, bei dem Schiedsrichter Kirschen ohne Verwarnung auskam, was sowohl für seine Leistung als auch für die korrekte Haltung der Aktiven sprach.
(Klaus Schlegel in "Die Neue Fußballwoche" vom 20. Mai 1980)