1934/1935 Endrunde DM 4. Spieltag: 1. SV Jena - SpVgg Fürth 0:1

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Spieldaten
Wettbewerb Endrunde Deutsche Meisterschaft,
4. Spieltag
Saison Saison 1934/1935, Rückrunde
Ansetzung 1. SV Jena - SpVgg Fürth
Ort Stadion in Jena
Zeit So. 05.05.1935
Zuschauer 12.000
Schiedsrichter Willy Peters (Berlin)
Ergebnis 0:1
Tore
  • 0:1 K.Krauß (21.)
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Jena
Fritz Coburger
Walter Hädicke, Kurt Ketteritzsch
Fred Harthaus, Heinz Kleinsteuber, Heinz Werner
Walter Bachmann, Kind, Bernhard Schipphorst, Hermann Schüßler, Wolfgang Richter

Trainer: Josef Pöttinger

Fürth
Ludwig Wenz
Theo Schwendner, Max Leupold
Hans Emmert, Ernst Hecht, Konrad Krauß
Jakob Becher, Georg Frank, Hans Krauß, Emil Leupold, Heinrich Worst

Trainer: Leonhard Seiderer


Anmerkung

  • Fritz Coburger hält einen Strafstoß von Max Leupold (10.) , Tor von Schüßler aberkannt (11.) wegen leichtem Foul

Spielbericht

Jena verpaßte seine Chance

Das Spiel ist aus . Jena hat die Großchance verpasst , sich zum Favoriten in der Gruppe III zu erheben . Wie haben die 10000 Thüringer , die aus allen Gegenden ihres lieblichen Heimatlandes herbeigeeilt kamen , fieberheißen Herzens den Sieg ihres Meisters herbeigesehnt ! Und nun... nicht nur der Verlust der Punkte schmerzt , nein , viel mehr wie verloren wurde . Das war kick und rush primitiver Art , was der Meister des Gaues Mitte im großen und ganzen zeigte . Darüber dürfen und können auch einige nette technische Soli der Mannen um Werner nicht hinwegtäuschen . So ist Pöttingers überraschend gekommener Wechsel vom Offensivspiel zum Sicherungssystem bestimmt nicht gemeint ! ( Bis zum letzten Spiel in der Gaumeisterschaft wurde betont offensiv gespielt .) Nämlich , daß in keiner Weise eine Verbindung zwischen Stürmer - und Läuferreihe besteht , daß die Stürmerreihe hemmungslos durcheinanderwirbelte , wie fallendes Laub im Herbst , und daß die Läuferreihe mit boshafter Konsequenz hoch abspielte . Das war nicht die Mannschaft , die im kraft - und stilvollen Endspurt die Meisterwürde errang . Armer Pöttinger , wie bist du mißverstanden !

Fürth im alten Fehler . Nun die Fürther : Zweifellos haben sie verdient gewonnen . Daran gibt es nichts zu deuteln . Ihre bessere Spielkultur war ins Auge springend , ohne jedoch ungeteiltes Entzücken hervorzurufen . Entscheidend war ihre homogenere Mannschaftsarbeit . Dies alles hätte aber gegen einen 1.Sportverein Jena in Normalform kaum gelangt . Da wird viel zu lange der Ball gehalten , Dribbeln wird zum Selbstzweck erhoben und... von Schußvermögen keine Spur . Sogar Becher , den man als Schußkanone hinstellt , versagte bis auf eine einzige Ausnahme eklatant . Wie schlecht aber muß es um die Fürther Stürmerkunst bestellt sein , wenn Seiderer als Trainer auf Kraus I als Sturmführer zurückgreift . Was die FuWo kürzlich über ,, Urbel `` zum widerholten Male schrieb , wurde erneut erhärtet .

Spannende 20 Minuten . Der elektrisierende Funke der Begeisterung ist von Beginn an da , als vor beiden Toren ,,dicke Luft`` herrschte . Hier ist es Leupold II , der sich im wahrsten Sinne des Wortes durchgewühlt hat und nur durch eine Verzweiflungstat von Ketteritzsch im letzten Augenblick am erfolgreichen Torschuß gehindert wird . Dort ist es Bachmann ( oh , mußte er Mittelstürmer bis zum bitteren Ende spielen ?! ) , der einen energischen Vorstoß von Schüßler nicht die Krönung geben kann . Schwendler haut neben den Ball , wieder ist es Bachmann , der eine Chance verpatzt . In der 10.Minute SOS-Ruf im Jenaer Strafraum . Worst umspielt alles , was sich ihm in den Weg stellt , Harthaus säbelt ihm die Beine weg . Elfmeter ! Leupold I schiebt in die rechte Ecke . Coburger hält jedoch gut . Seinen Abschlag nimmt Jenas linker Flügel geschickt auf , ein Knäuel von Leibern im Fürther Strafraum , Schüßler schießt... Tor , nein , Peters annulliert den Treffer , da ein Jenaer nicht ganz ,,stubenrein`` gekämpft hat . Jetzt hat Fürth seine beste Spielperiode . Leichte Erinnerungen an die nun fast mythisch gewordene Form früherer Glanzjahre dämmern auf , schnell wandert der Ball von Mann zu Mann . Becher und Worst haben einige nette Szenen . Gerade als diese Lichtblicke wieder im Verschwinden begriffen sind , fällt die Entscheidung . Kleinstäuber nimmt Frank etwas derb . Peters diktiert Freistoß gegen Jena . Wenn Peters gewußt hätte , welch schwere Folgen seine etwas harte Entscheidung nach sich zog , so hätte er sicher den kleinen Lapsus Kleinstäubers ignoriert . Denn von 40 m Entfernung jagte Kraus II ein Bombending dem falsch stehenden Coburger in den Kasten . Dies geschah in der 21.Minute . Damit gibt sich Fürth anscheinend zufrieden . Denn jetzt beginnt es ein nutz - und zweckloses Hin - und Her-Passen des Balles - möglichst noch in die Breite - , daß es sogar den süddeutschen Berichterstattern bang und bänglich wird . Doch diese Furch erweist sich als grundlos . Der Zuschauer traf den Nagel auf den Kopf , der da rief : ,, Jenas Sturm ist ja gar kein Sturm , er ist ja nur ein Zephir ! ``

Verflachtes Spielniveau in der zweiten Halbzeit . Nach der Pause gibt es anstatt des von Seiten Jenas zu erwartenden Auftriebs viel , viel Leerlauf zu sehen . Das reichlich warme Wetter fordert seinen Tribut . Vor allem bei den Jenensern , die durch ihr selbst ,,präpariertes System`` besonders physisch mitgenommen wurden . Hieran änderte vorerst auch nichts die Vornahme Werners in den Sturm . Die Kleeblätter sind nach wie vor reichlich sorglos . Und beinahe wäre das von ihnen neckisch betriebene Spielchen doch noch in die Binsen gegangen . Plötzlich eine Viertelstunde vor Schluß , legte Jena nochmal los . Fürth ist baff , verteidigt zeitweise mit 9 Mann . Hädicke , Jenas linker Verteidiger , stürmt mit !! Wenz bekommt im Nu Arbeit , die er mit viel Dusel erledigt . Fürth , Fürth , was hast du Glück , das die Jenaer Stürmer so harmlos sind . Bachmann und Kind vergeben noch in den letzten Minuten zwei todsichere Chancen .

Kritik der Spieler . Der beste Mann auf dem Platz war Emmert , der seine Aufgabe als dritter Verteidiger glänzend löste und immer noch Zeit fand , seinen Sturm mit brauchbaren Vorlagen zu versehen . Seine Assistenten zur Rechten und Linken , Hecht und Kraus II , waren ihm treue Helfer . Kraus II ließ in den letzten 20 Minuten jedoch recht nach . Wenz , im allgemeinen nicht vor schwere Probleme gestellt , erweckte den Eindruck der Effekthascherei . Er hatte enormes Glück , daß sein unsicheres Ballfangen seiner Mannschaft keine Tore kostete . Die Verteidiger Schwender und Leupold I hinterließen nicht das Gefühl absoluter Sicherheit . Schwender war der Bessere . Im Sturm war Worst die treibende Kraft . Er verfügt über ein ziemliches Repertoire von Tricks , mit denen er seine Gegner Harthaus und Hädicke oft bluffte . Leupold II war der Wühler im Sturm . Die letzte halbe Stunde war er aber mit seinen Kräften fertig . Frank kam spät in Fahrt ; es ist aber zu berücksichtigen , daß er den besten Jenaer Deckungsspieler , Kleinstäuber , gegen sich hatte . Über Becher ist bereits alles Wesentliche gesagt .

Bei Jena war das Schlußdreieck Coburger - Hädicke - Ketteritzsch bis auf die letzten 20 Minuten gut . Hädicke und Ketteritzsch sind schnell und hart wie Stahl . Gegen sie wollen erst Tore erzielt sein . Sie hätten ein Sonderlob beanspruchen können , wenn sie zuletzt nicht gar zu leichtsinnig gedeckt hätten . Werner , der talentierteste Spieler Jenas , erreichte bei weitem nicht seine Bestform . Er ist ein ausgesprochener Angriffsspieler . Die Defensive liegt ihm nicht . Überraschend war sein hohes Abspiel . Kleinstäuber war der wirkungsvollste Spieler Jenas . Unermüdlich im Stören gegnerischer Angriffe und gut im genauen Zuspiel , das er allerdings auch hoch anlegte . Harthaus war in der Hintermannschaft der schwächste Spieler . Er kann den verletzten Malter nie ersetzen . Im Sturm fehlte der Mittelstürmer König an allen Ecken und Kanten . Bachmann , der sonst halbrechts spielt , war ein schlechter Vertreter . Auf Bachmann traf das Sprichwort zu : ,,Blinder Eifer schadet nur``. Wie sollte er führen , da er selber dringend nötig hatte , geführt zu werden ! Schüßler war noch nicht wieder ganz der Alte . Er hatte gute und schlechte Momente . Trotz allem war er aber der Beste im Sturm .

Zum Schluß dieser harten Kritik ein Paradoxon : Sieger der Gruppe III wird der 1.Sportverein Jena . Diese Behauptung wird nicht aufgestellt , um den Verfasser vorstehenden kritischen Berichts nicht allzusehr bei Jena in Ungnade fallen zu lassen , beileibe nicht ! Aber Jena kann viel mehr , als es diesmal gezeigt hat . Ja , Jena hat in all den bisherigen Spielen noch kein einziges Mal seine Höchstform gezeigt . Jena kann viel mehr , als man außerhalb des Gaugebietes VI ahnt . Und Jena hat noch die letzten beiden Spiele auf heimischen Gefilden ! Wie sprechen uns wieder;


Bericht von Carl. in der Fußball-Woche vom 7.Mai 1935