2015/2016 Thüringischer Landespokal F: FC Carl Zeiss Jena - FC Rot-Weiß Erfurt 2:0

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Spieldaten
Wettbewerb Thüringen-Pokal, Finale
Saison Saison 2015/2016
Ansetzung FCC - FC Rot-Weiß Erfurt
Ort Ernst-Abbe-Sportfeld
Zeit Sa. 28.05.2016 17:00 Uhr
Zuschauer 9.103
Schiedsrichter Oliver Lossius (Sondershausen)
Ergebnis 2:0 (0:0)
Tore
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Trikotfarben
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Jena
Raphael Koczor
Sören Eismann, René Klingbeil, Justin Gerlach, Filip Krstic
Sven Reimann, Niclas Erlbeck
Artur Mergel (68. Dominik Bock), René Eckardt, (90. Maximilian Schlegel), Marcel Bär (90. Florian Giebel)
Bedi Buval
Trainer: Volkan Uluc
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Erfurt
Philipp Klewin
Luka Odak (, 87.), André Laurito, Jens Möckel, Mario Erb
Jannis Nikolaou, Okan Aydin, Sebastian Tyrala, Juri Judt (81. Theodor Bergmann), Daniel Brückner (83. Tugan Uzay)
Carsten Kammlott
Trainer: Stefan Krämer

Spielberichte

FCC gelingt Pokal-Hattrick im 100. Thüringenderby

Dominik Bock (80.) und Niclas Erlbeck (Foulelfmeter, 88.) sorgen vor 9.103 Zuschauern für den dritten Titeltriumph im Köstritzer-Thüringenpokal in Folge. Jena zeigte in einem höhepunktarmen Spiel eine engagierte Leistung und war über 90 Minuten die bessere Mannschaft mit den klareren Torchancen. Und wie es sich für ein Thüringenderby ziemt, waren zwei heimische Jungs die dominierenden Akteure: René Eckardt und Sören Eismann.

Mit dem Anpfiff musste Schiedsrichter Lossius aus Sondershausen einige Minuten warten, Bengalos waren im Gästeblock gezündet und Leuchtspurmonition in Richtung der Jenaer Zuschauer geschossen worden. Nachdem sich die Gemüter beruhigt hatten, entwickelte sich ein intensives Spiel ohne den Ansatz eines Klassenunterschieds. Die erste Möglichkeit des Spiels offenbarte sich dem neben Kapitän Eckardt heute stärksten Jenaer, Sören Eismann, der nach tollem Diagonalpass von Marcel Bär von der Strafraumgrenze abzog, wobei Klewin im Erfurter Tor zur Ecke klären konnte. Schlugen die Gäste in den Anfangsminuten die spielerisch etwas feinere Klinge, kaufte ihnen unsere Mannschaft mehr und mehr den Schneid ab und übernahm die Spielkontrolle. Nach 24 Minuten hatten die 9.103 Zuschauer den Elfmeterschrei auf den Lippen, doch Lossius verweigerte Marcel Bär nach Zweikampf mit Erb den Pfiff. Vier Minuten später bot sich Erfurts Topstürmer Carsten Kammlott die Großchance zur Führung, als er nach feinem Anspiel Klingbeil aussteigen lässt, jedoch am großartig reagierenden Raphael Koczor scheitert. Es sollte die letzte Offensivaktion in der ersten Hälfte sein, die ansonsten zumeist von überharten Attacken, meist mit Jenas Kapitän René Eckardt als Opfer geprägt war.

Nach dem Seitenwechsel änderte sich daran wenig, ruppiges Zweikampfverhalten ersetzte jegliche Aktionen vor beiden Toren. Nach 75 gespielten Minuten sorgte der FCC für den Weckruf zu einer Schlussviertelstunde, die letztlich den TFV-Pokal erneut an die Saale bringen sollte. Eismann setzt sich überragend auf der rechten Seite durch, sein hohes Anspiel nimmt Eckardt volley und verzieht knapp. Zehn Minuten vor dem Ende war der Bann dann gebrochen. Eckardt setzt nach feiner Einzelleistung den eingewechselten Dominik Bock in Szene, der aus 20 Metern nicht lange fackelt und mit einem strammen Flachschuss ins linke untere Eck Klewin keine Chance lässt. Ein achttausendfacher Jubelschrei ließ die Kernberge erbeben. Bock, Krstic und Erlbeck scheitern vier Minuten später im Dreierpack an der Resultatserhöhung. Nach 86 Minuten zeigt Schiedsrichter Lossius dann doch noch auf den Punkt. Eckardt war vom Sekunden zuvor gelbverwarnten Odak von hinten gefoult worden, der durfte frühzeitig duschen gehen. Den fälligen Strafstoß verwandelt Niclas Erlbeck kompromisslos, der Rest war Jubel in Blau-gelb-weiß. Der Gegner, welcher zum dritten Mal in Folge ein Pokalendspiel in Jena verlor, hatte nach dem Seitenwechsel keine einzige Torchance zu verzeichnen, so dass selbst RWE-Kapitän Tyrala von einem klar verdienten Jenaer Sieg sprach. Volkan Uluc feierte den Sieg in seinem letzten Pflichtspiel an der Seitenlinie ausgelassen, es war der 8. TFV-Pokal für die blau-gelb-weißen Farben.

Trainerstimmen:

Stefan Krämer: Glückwunsch zum Pokalsieg. Die entscheidende Szene des Spiels, wir haben Einwurf, haben dann keine Ordnung. Was mich am meisten ärgert, dass wir in dieser Phase ab der 65. Minute nicht mehr präsent waren, sind hinterher gelaufen. Das Tor hat sich nicht abgezeichnet, aber ich hatte schon das Gefühl, dass wer hier das erste Tor spielt, gewinnt. Wir hätten gern den Schwung eines möglichen Pokalsiegs mit in die neue Saison genommen. Es fühlt sich scheiße an.

Volkan Uluc: Wir haben das über weite Strecken gut organisiert. Eine Torchancen haben wir zugelassen, aber im Großen und Ganzen waren wir sehr diszipliniert. Dann kam die Phase wo man gemerkt hat, dass die Entscheidung naht. Ich hatte mit Dominik Bock das glückliche Händchen. Es war für uns alle ein schweres halbes Jahr, aber man sieht den Zusammenhalt. Ich bin glücklich, dass ich gegenüber der Stadt und dem Verein mein Versprechen einlösen konnte, den Pokalsieg zu verteidigen. Ich möchte diesen Pokal allen Trainern in Jena, angefangen von mir, über Hutwelker und Sander widmen.

--GUNNER

Derbynachbetrachtung: Wie ein Elefant im Krämerladen

Als Erlbeck den Elfer reinhaut, bleibt keiner mehr auf den Sitzen. Selbst unten am Spielfeldrand, wo die Rollstuhlfahrer ihren Platz haben, scheint alles auf und ab zu wippen. Ein, zwei Tore mehr und die Lahmen werden wieder gehen und auf dem Rasen tanzend Zeugnis legen von des Fußballgottes herrlicher Gerechtigkeit. Es singt und klingt im Paradies.

Gut eine Stunde zuvor waren noch alle erstarrt, mit bangem Blick auf Kammlott, der alles hinter sich gelassen hatte, was sich ihm an Blaugelbweißen entgegen warf. Vor sich nur noch Koczor. Koczor, den Choleriker, den Psycho, den man eher in der geschlossenen Abteilung wissen will als hinter der eigenen Abwehr. Doch der Koczor dieses Abends kämpft nicht zuvorderst gegen die eigenen Nerven. Er ist ruhig, kühl, ohne jede Regung. Der schwarze Mann wird zur schwarzen Wand. Kammlotts Schuss aus 3-4 Metern nimmt Koczor auf, als pflückte er einen tief hängenden Apfel vom Baum. Durchatmen allerorten.

Es ist die 28. Minute. Rückblickend wird es Erfurts beste Chance sein in einem Spiel, dass hüben wie drüben kaum echte Möglichkeiten bietet. Die Post geht außerhalb des Feldes ab. Verwunderung im E-Block, als kurz vor Anpfiff eine Busladung Bacheloretten die Stufen hoch wackelt. Offenbar gibt es selbst beim Qualitätssender RTL II Grenzen der Verwurstbarkeit, die einen zur Karriere als RWE-Spielerfrauen zwingen, wenn man doof und wasserstoffblond ist.

Welche Haarfarbe die Waschbrettköpfe in Mordors Fanblock tragen, ist dank Vollverschleierung nicht zu ermitteln. Als gesichert gilt hingegen, dass ein gerüttelt Maß Stroh zwischen den Ohren steckt. Mit jeder Rakete, die in Richtung Südkurve fliegt, fragt man sich, welchen Wahnwitz den Thüringer Fußballverband trieb, so was mit 1200 Karten zu versorgen. Erst allmählich wird es ruhig, leider auch auf dem Feld. Der Ball flippert hin und her zwischen den Strafräumen. Fast alles spielt sich im Mittelfeld ab. Erfurt mit viel Dschingdarassa-Bumms und Tyrallala, doch abgesehen von der Kammlott-Chance ohne Esprit. Jena defensiv gut organisiert, aber fast jeder Ball in die Spitze wird zum Fall für Astrophysiker, die sich für ein Schwarzes Loch namens Buval interessieren, bei dem sämtliche Anspiele spurlos verschwinden.

Auch zu Beginn der zweiten Halbzeit fragt man sich, wer hier eigentlich der Thüringer Renommierverein ist und wer die Graue Maus der 3. Liga. Das Match ist auf Augenhöhe, das Spielniveau für jeden neutralen Betrachter hinreißend, wenn Höhlenforschung sein Hobby ist. Manchmal kommt beim leicht überforderten Schiri Lossius die Ulknudel durch mit beiderseits überraschenden Zweikampfbewertungen. Die Buchmacher melden, dass man kaum mehr als den Einsatz zurück erhält, beim Eintreffen der Prognose, „Wer hier das erste Tor schießt, der gewinnt“. Es ist gut 10 Minuten vor Schluss, da will man als Zeissfan alles Geld der Welt auf den Tisch legen, damit diese Aussage stimmt: Einwurf Rot-Weiß, Jena fängt ab, Ecki behauptet sich, zieht zum Strafraum, steckt durch auf Bock. Und der macht keinen Bär’chen Schlenker oder ähnliches. Er lässt den Ball einmal aufspringen und zieht dann einfach halbrechts trocken ab. Vollspann aus 16, 17 Metern. Ein Schuss, alles zerschmetternd, jede Gegenwehr brechend, Erfurts Ordnung zerstörend wie ein Elefant im Krämerladen.

600 Sekunden noch bis zum Glück. Jede Sekunde minutenlang. Erst als Erlbeck den Elfer ins Netz zimmert, gehen die Uhren wieder richtig. Jeder Augenblick ein Genuss. Jena feiert. Nach Abpfiff wollen die Jungs in Blau gar nicht mehr weg aus der Südkurve, um Spalier zu stehen für die Rekordpokalfinalverlierer aus der Blumenstadt. Natürlich hängen bei den Orks die Köpfe, aber auch sie können stolz darauf sein, lange Zeit tapfer mitgehalten zu haben in diesem Endspiel. Ihnen bleibt die Hoffnung aller kleinen Mannschaften, dass irgendwann mal eine Sensation gelingt und ihr putziger Verein außerhalb der eigenen Stadtmauern Resonanz erfährt.

Jena kümmern solche Wünsche nicht. Man jubelt ausgelassen. Irgendwann schließt sich die Ehrenrunde. Alle sollen teilhaben am Triumph, auch die Rollstuhlfahrer. Deren Gebrechen sind nicht verwunden. Doch die Seelen, die sind heil für den Moment.

--Al Knutone